Hilfe – mein Kind spielt American Football!

Wie wir Teil der Football Family wurden – Teil 1

Vor ungefähr fünf Jahren kam Sohn Nr. 2 zu uns mit der Idee, er wolle zum Probetraining beim American Football gehen. Es folgte der traditionelle, kollektive Seufzer der beteiligten Eltern und ihrer Patchworkpartner: „Schon wieder eine neue Sportart? Aber nicht gleich wieder mit Vollausrüstung und Jahresbeitrag wie beim Hockey, Eiskunstlauf und so…“

Skepsis und Vorgeschichte

Sport ist ja wichtig und Sohn Nr. 2 war immer ein Wildfang mit Bewegungsdrang. Intensive körperliche Betätigung nach dem Stillsitzen in der Schule war nicht nur aus grundsätzlichen Überlegungen heraus angeraten. Nein, Auspowern war bis ca. Ende der Grundschulzeit zuweilen das einzige Mittel, das den bedauernswerten, müden Eltern am Ende eines langen Tages Geschwisterzwist und „Ich kann nicht schlafen, warum darf ich nicht noch dies und jenes machen?“ im 5-Minuten-Takt ersparte. Manchmal. Also, ab und zu wenigstens.

Also Sport – ja, gerne! Nur…. das kennen sicher viele von euch auch: Sohn Nr. 2 war ein Meister darin, mit Begeisterung etwas Neues anzufangen. Dabei war er sich in jedem einzelnen Fall ganz sicher, dass er genau diesen Sport bis an sein Lebensende ausüben oder jenes Musikinstrument auch noch im hohen Alter spielen würde, nur um das Ganze dann nach drei Monaten wieder an den Nagel zu hängen. Am Nagel hingen fortan auch die jeweils teuren und unheimlich wichtigen, speziellen Sportausstattungen, die ganz dringend sofort zu Beginn angeschafft werden mussten.

Okay, ganz so viele waren es nicht…. außerdem haben sich auch Schrauben ins Bild gemogelt.

Während die Erinnerung an die so enthusiastisch begonnene Betätigung bei Sohn Nr. 2 schnell verblasste, fanden die Eltern mit schöner Regelmäßigkeit noch etliche Monate lang auf ihren Kontoauszügen bleibende Andenken in Form von Abbuchungen der jeweiligen Vereine vor.

Jetzt sollte es also Football sein.

Ausgerechnet American Football?

Zugegeben: wir wussten wenig über American Football. Und das Wenige, das wir wussten, erwies sich aus heutiger Sicht als äußerst unvollständig oder falsch.

Die Grundregeln oder was wir dafür hielten

Klar war: es stehen sich Spieler zweier Mannschaften auf dem Feld gegenüber. Die eine Mannschaft versucht, den Football in die Touch Down Zone der anderen Mannschaft zu bringen. Wenn das gelingt, gibt es Punkte. Und dann darf die Mannschaft nochmal versuchen, einen oder zwei Extrapunkte rauszuspielen. Naja, gar nicht so schwer – ist ja fast wie beim Fußball (da kenne ich mich aus, sogar mit Abseits, jawohl!). Wir wussten natürlich auch, dass der Ball geworfen oder getragen wird, im Gegensatz zum Fußball.

Die Disziplin

Aus den üblichen amerikanischen Spielfilmen hatten wir mitgenommen, dass Disziplin eine große Rolle spielt. Den Trainer anmaulen, sich weigern irgendwelche Anweisungen auszuführen, verbal ausfallend werden usw.: Strafrunden ums Feld herumlaufen, 100 Liegestütze und weitere Maßregelungen mehr. Ob das wirklich die richtige Sportart für unseren Querkopf und Freidenker war? Nie im Leben würde er mit einem Kasernenhofton zurechtkommen! Irgendwer sagte damals „Der rennt doch mehr ums Feld, als dass er trainiert. Meldet ihn doch gleich im Leichtathletikverein an!“

Prügeleien?

Überhaupt: kloppen die sich da nicht dauernd auf dem Feld, liegen so stapelmäßig übereinander und keiner weiß, wo der Ball ist? Und wenn sie sich nicht Sumoringer-mäßig beharken, holen sie sich hinterrücks von den Beinen? Und was war da gleich noch mal mit „Footballspieler haben dauernd Gehirnerschütterungen und leiden im Alter an Alzheimer oder Demenz“?

Der Star und die Cheerleaderin

Gehört hatten wir übrigens auch, dass der Quarterback der Star der Mannschaft und meistens mit der hübschesten Cheerleaderin zusammen ist. Nach dem Sohn Nr. 2 dann ziemlich schnell Quarterback-Fähigkeit bescheinigt wurde, freute sich der eine oder die andere schon auf eine hübsche Schwiegertochter. Tja, was soll ich sagen …. Diese fundamentale Kenntnis hat sich bisher noch nicht (dauerhaft) bewahrheitet. Wir wären da aber aufgeschlossen, echt, ehrlich wahr – auch wenn Sohn Nr. 2 mittlerweile auf der Position als Wide Receiver glücklich ist .

Sonst wussten wir nichts. Außer vielleicht noch, dass einmal im Jahr zu nachtschlafender Zeit der Super Bowl im Fernsehen übertragen wird.

Bedenken ausgeräumt – Unkenntnis bleibt

Sohn Nr. 2 begann seine Schnupperzeit bei den Schweinfurt Gladiators (heute Schweinfurt Hornets). Ausrüstung besorgen oder leihen? Nicht nötig! Vorgabe war: „Du brauchst nur Sportklamotten und eine Trinkflasche, sonst nichts.“ Keine Erstanschaffung, juchhu!

Status bei der Rückkehr: Komplett ausgepowert und glücklich. „Das ist cool, da geh ich weiter hin!“. Hm, okay, das kannten wir ja schon (s.o.) Aber diesmal blieb die Begeisterung tatsächlich – und sie dauert bis heute an.

Unsere Bedenken hinsichtlich möglicher Verletzungen, Prügeleien, Gehirnerschütterungen lösten sich nach Gesprächen mit den Trainern (richtig: Coaches) weitestgehend auf. Zu Beginn und in dem Alter (U13) wird nicht getackelt. Das bedeutet: der Schwerpunkt liegt nicht auf Körperkontakt, sondern zunächst mal im Erlernen der Spielregeln und bestimmter Spielzüge. Dabei wird sehr auf die Einhaltung der Regeln geachtet; anfangs ist noch nicht einmal ein Helm notwendig.

Flag Football

Bei Turnieren wird Flag Football gespielt. Körperkontakt ist dabei nicht erlaubt. Das Spielziel ist das gleiche, ein Gegner (= der Ballträger) gilt allerdings dann als gestoppt, wenn man ihm eine seiner zwei Flaggen vom Gürtel reißt (daher der Name). Das Spiel wird dann an dieser Stelle gestoppt. Die Kids üben hier vor allem Werfen und Fangen sowie Schnelligkeit und Lauftechnik.

Die Regeln hatten wir trotzdem noch nicht komplett intus. Wir waren aber sehr beruhigt, beim ersten Turnier auf andere Eltern zu treffen, denen es genauso ging. Das schöne daran: jeder erklärt dem anderen, was er weiß. Und meist ist auch noch jemand mit am Spielfeldrand, der wirklich Ahnung hat und dann mit einer wahren Engelsgeduld auch zum zehnten Mal erklärt, warum die Schiedsrichter jetzt so und nicht anders entschieden haben. Schiedsrichter gibt es übrigens extrem viele bei einem Spiel, aber dazu später mal mehr.

Den Trainern sei Dank!

Sohn Nr. 2 traf in Schweinfurt auf zwei ganz besondere Trainer, die ihn und alle anderen Jugendlichen der Mannschaft mit viel Herzblut und Engagement betreuten. Sie nahmen sich Zeit, erklärten auch zum drölften Mal, was wichtig war, lobten ausgiebig, kritisierten konstruktiv und so, dass auch Pubertiere damit umgehen konnten. Es begann die Zeit einer besonderen Liebe zu einem besonderen Sport, die nach und nach auch alle anderen Familienmitglieder in ihren Bann zog.

Denn eines ist klar: American Football ist ein Familiensport. Egal, ob du mitspielst oder nur an der Seitenlinie stehst, du gehörst dazu, bist Teil der Familie. Jeder so, wie er ist und jeder so, wie er kann und will.

Und was die Disziplin angeht: nach kurzer Zeit kam Sohn Nr. 2 mit einem Wochenplan nach Hause. Da standen nicht nur die Trainingszeiten drin – nein, das Programm umfasste den gesamten Alltag, inklusive Schulzeiten, Hausaufgabenzeiten, Freizeit. Und – da jubelten die Eltern –  fest eingeplant war Hilfe im Haushalt! Wir waren begeistert, das könnt ihr euch sicher vorstellen 😀 

Ich weiß nicht, ob es in jedem Verein in den Jugendmannschaften so ist wie in Schweinfurt und später auch in der Spielgemeinschaft zusammen mit Würzburg. Ich weiß nur, dass diese beiden Coaches einen erheblichen Anteil daran haben, dass Sohn Nr. 2 im American Football da ist, wo er jetzt steht und dass eine komplette Familie mit dem Footballfieber infiziert wurde.

Vielen Dank, Ice und Michi!

Weiter geht es dann im zweiten Teil, der vermutlich „Hilfe – mein Kind ist ein Quarterback!“ heißen wird . 

 

Mehr Informationen

American Football Regeln übersichtlich erklärt bei american-football.com

American Football bei Wikipedia

Wie findest du einen Verein in deiner Nähe?

Besuche diese Webseite des AFVD (das ist der bundesweite Dachverband) und suche den richtigen Landesverband heraus. Diesem Link folgst Du. Die Landesverbände bieten auf ihren Seiten weitere Infos zu den lokalen Vereinen an.

Für Schweinfurt wären das z.B. die Schweinfurt Hornets und für Paderborn die wunderbaren Paderborn Dolphins (ja, ich bin parteiisch )

Bildnachweise: Pixabay

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