Hilfe – mein Kind ist ein Quarterback!

Wie wir Teil der Football Family wurden – Teil 2

Sohn Nr. 2 war 12 Jahre alt, als er mit Football begann, als Quarterback und im Flag Football zusätzlich auch als Safety in der Defense. Wer Teil 1 gelesen hat, weiß, wie unwissend wir damals waren. Ich will ja nicht angeben (nie nicht, ich doch nicht!), aber inzwischen sind wir doch schon deutlich besser geworden an der Sideline. Also an der Seitenlinie, natürlich außerhalb der Team Zone, die den Spielern, Coaches und dem Staff vorbehalten ist. So ging es also weiter:

Spieler, Trainer und wer?

Als Staff werden all diejenigen (meist ehrenamtlichen) Helfer bezeichnet, die das Team für die Hintergrundarbeit braucht und die allzu oft unerwähnt bleiben. Das sind vor allem der/die Physiotherapeut/in, alternativ ein Arzt/eine Ärztin, die Water Boys, die während einer Spielunterbrechung die Spieler mit Getränken versorgen und all die fleißigen Helferlein, die für frisch geschnittenes Obst, gefüllte Wasserbehälter und unzählige organisatorische Dinge verantwortlich sind. Die Team Zones befinden sich jeweils mittig an der Seitenlinie.

Hilfe – mein Kind ist ein Quarterback!

Von Flag Football zu Tackle

Parallel zu den Turnieren im Flag Football begann für Sohn Nr. 2 nach ca. einem Jahr im Alter von 13 Jahren das Training im Tackle und natürlich das Positionstraining als Quarterback. Jetzt ging es also los mit dem Körperkontakt.

„To tackle“ heißt so viel wie „etwas anpacken“ oder eben im Sport „jemanden angreifen“. Nur der jeweilige Ballträger darf getackelt werden. Dabei wird dieser entweder zu Boden gezogen oder aus dem Gleichgewicht gebracht, so dass ein anderes Körperteil außer Händen und Füßen den Boden berührt. Gelingt das, ist der Spielzug beendet. Außerdem kann der Tackler auch auf den Ball schlagen oder den Gegner am Arm ziehen, um ihn vom Ball zu trennen.

Jetzt erlebten wir also American Football als Kontaktsportart. Das heißt, Sohn Nr. 2 erlebte es am eigenen Leib, wir haben ja nur zugeschaut. Als Quarterback war er natürlich beliebtes Ziel eines Tackles, denn was ist schöner für die gegnerische Mannschaft als ein Quarterback Sack? Okay, ein Interception Touchdown wahrscheinlich, aber dat kriege mer später, da stelle mer uns erst mal janz dumm -ganz analog zur Feuerzangenbowle (Link zum YouTube-Video). „Sack“ kann man fast wörtlich übersetzen: den Quarterback „einsacken“, d.h. ihn tackeln, noch bevor er die Chance hat, den Ball abzugeben. Immer ein bisschen blöd für den Quarterback, freundlich ausgedrückt.

Tatsächlich gespielt hat Sohn Nr. 2 Tackle erst mit 15 Jahren. Das ist auch sinnvoll, denn es braucht ein gutes Training, in dem man den Körperkontakt wirklich praktisch erlebt und auch lernt, wie man sich dagegen wehren kann.

Nicht jedermanns Sache

Beim Tackle scheiden sich die Geister. Das ist nicht für jeden etwas, das muss man ganz klar sagen. Denn hier geht es darum, sich ganz klar auf eine faire (!!) körperliche Auseinandersetzung einzulassen. Genauso, wie sich beim Fußball manche Kids wegducken, wenn sie eigentlich einen Kopfball annehmen sollten, braucht es auch beim Tackle ein kleines bisschen Mut.

Hilfe – mein Kind ist ein Quarterback!

Aber – ihr ahnt es schon – bei Sohn Nr. 2, unserem Wildfang, mussten wir uns in der Hinsicht natürlich keine Sorgen machen. Dafür hatten wir dann andere in Form der einen oder anderen Blessur nach dem Training. Pflaster, Kühlpacks und Wundspray bei Schürfwunden haben wir seitdem in reichlicher Menge in der Hausapotheke. Und klar waren wir anfangs skeptisch.

Trotz Besorgnis: weiterlesen!

Aber – und jetzt bitte alle besorgten Eltern unbedingt weiterlesen – es gibt sehr klare Vorgaben, was beim Tackle erlaubt ist und was nicht. Hier hat sich über die Jahre einiges am Regelwerk geändert, um die Spieler vor Verletzungen zu schützen. Verstöße werden sowohl im Training von den Coaches als auch im Spiel von den Schiedsrichtern streng geahndet. Mit dem richtigen Training und der richtigen Ausrüstung passiert hier nicht mehr als bei einem Fußballspiel – und das ist gemeinhin für die meisten von uns ein akzeptables Risiko für unsere Sprösslinge, oder?

Hört man gern: „Der Junge hat Talent!“

Ziemlich schnell wurde uns schonend, aber nachdrücklich und immer wieder von den Coaches beigebracht, dass Sohn Nr. 2 ein Talent für American Football und als Quarterback hat und, wenn er will, in dieser Sportart viel erreichen kann. Tja, das hört man natürlich gern und die Spielergebnisse in der Saison ließen uns auch regelmäßig mit stolzgeschwellter Brust vom Platz gehen. Aber hallo!

Hilfe – mein Kind ist ein Quarterback!

Was wir erst im Nachhinein erkannten, war der Rattenschwanz, den das nach sich zog und immer noch zieht. Pädagogisch geschickt wurde uns das alles nacheinander in kleinen, jeweils gerade noch verdaulichen Häppchen präsentiert. Das klingt jetzt böse, ist aber als Kompliment gemeint. Die Coaches nehmen nämlich eine weitaus größere Aufgabe wahr als nur das reine Spielertraining, denn sie arbeiten auch mit den Eltern. Das habe ich so intensiv und so angenehm bisher in keiner anderen Sportart erlebt.

Immer ansprechbar, proaktiv auf uns zugehend, stets Interesse am Umfeld, den schulischen Leistungen, dem Wohlbefinden von Spieler und Eltern – wir wussten uns und vor allem Sohn Nr. 2 gut aufgehoben. Keine Frage war zu blöd und ehrlich: wir hatten eine Menge aus dieser Kategorie. Ich rechne es den Coaches hoch an, dass sie die Augen, wenn überhaupt, erst dann verdreht haben, wenn wir außer Sichtweite waren. Leute, ich bin echt stolz auf euch, so eine Selbstbeherrschung muss man erstmal haben, echt jetzt!

Die Bayernauswahl

Der nächste Schritt war dann „The Way of the Warrior“, sprich die Landesauswahl für Bayern. Einmal im Jahr gibt es das Jugendländerturnier, in dem die Auswahlen der teilnehmenden Bundesländer gegeneinander antreten und den Landesmeister ausspielen. . Die Bayernauswahl heißt Bayern Warriors, die von Nordrhein-Westfalen GreenMachine (schon mal merken, von ihr wird noch zu berichten sein!).

Für so eine Landesauswahl muss man sich in mehreren Camps (Trainingslagern) qualifizieren und es ist natürlich eine große Ehre, dazu zu gehören und überhaupt schon zu so einem Camp eingeladen zu werden. Sohn Nr. 2 absolvierte deren drei (2016-2018). Beim ersten Camp war von Anfang an klar, dass er sich nicht qualifizieren würde, denn er war noch zu jung. Aber so ein Camp mal mitzumachen, war schon eine sehr wichtige Erfahrung. Camp 2 und 3 konnten wir als Zuschauer begleiten, da es in unserer Heimatstadt stattfand und wir staunten nicht schlecht.

Hilfe – mein Kind ist ein Quarterback!

Mann, war da ein Zug drin! Wichtig waren längst nicht nur die neu zu erlernenden Spielzügen oder das Formieren einer Mannschaft. Das war das, was wir so erwartet hatten. Es ging zu einem großen Teil auch um Athletik, um körperliche Fitness, um Schnelligkeit, Wendigkeit und vieles mehr. Ich streue euch ein paar Bilder vom Auswahltraining 2017 und 2018 in den Artikel, die das hoffentlich gut rüberbringen.

2017 hatte es zum Weiterkommen nicht gereicht für Sohn Nr. 2. Die Erfahrung und all das, was er an dem Tag gelernt hat, war aber enorm hilfreich. 2018 hätte es gereicht, aber das ist ein anderes Thema, denn – Achtung Spoiler Alarm! –  da stand schon der Wechsel zu den Paderborn Dolphins ans Sportinternat und damit nach NRW an. Der Landesverband Bayern war dann bei allem Talent nicht mehr so interessiert, da klar war, dass man diesen Spieler bald verlieren würde. Leider hat es zeitlich-bürokratisch von der Anmeldefrist und Spielberechtigung her nicht mehr für die NRW-Auswahl gereicht, dafür ging es dann 2019 so richtig ab – aber davon später mehr.

Die Sorge um Verletzungen und die Athletik

Man hört ja immer so viel von zahlreichen Verletzungen, vor allem Gehirnerschütterungen. Und ja, auch wenn ich jetzt schon wieder wie eine Glucke klinge, die Sorge hatten wir natürlich auch. Nur ist es tatsächlich so, wie ich oben schrieb: es gab bisher in fünf Jahren nicht mehr davon als beim Fußball. Glaubt mir, wir können objektiv vergleichen, denn Sohn Nr. 1 spielt seit ewigen Jahren Vereinsfußball.

Und auch Sohn Nr. 2 hat es natürlich ein paarmal genauso erwischt wie seinen Bruder beim Fußball. Einmal gab es einen unglücklichen Zusammenstoß mit einem kurzen Knockout. Ein anderes Mal bekam Monsieur die Quittung für unzureichende Flüssigkeitszufuhr im Hochsommer. Beide Ereignisse hatten keine schwerwiegenden Folgen. Das Schlimmste daran waren für Sohn Nr. 2 vermutlich die Sprüche, die er sich hinterher anhören musste. Ihr kennt das sicher: „Hab ich dir doch gleich gesagt!“ oder „Hättest du mal auf uns gehört, wir haben dir doch gesagt, du sollst genug trinken vor dem Spiel!“

In beiden Fällen -natürlich waren es Auswärtsspiele, wenn schon, denn schon – durften wir dann die Notaufnahmen der Austragungsorte kennenlernen. Auch mal nett!

Hilfe – mein Kind ist ein Quarterback!

Kleinere Blessuren, Prellungen oder Schürfwunden kommen immer wieder mal vor, besonders am Anfang. Die Coaches haben uns erklärt, dass einfach noch die körperliche Fitness und ein gutes Quäntchen an Athletik fehlt und dass sich das im Laufe der Zeit geben wird. Und so war es auch.

Deshalb: Wenn euer Kind nach einem Abo für ein Fitness-Studio fragt…

… sagt ja! Das ist nicht nur für American Football gut, sondern ganz generell. Natürlich gilt: macht euch schlau. Es gibt große Unterschiede, insbesondere was die Beratung und Betreuung in so einem Studio angeht. Eine Empfehlung ist es immer, wenn schon andere Spieler und Coaches aus eurem Verein ein Studio besuchen. Dann können die Spieler sich auch gut zum gemeinsamen Workout verabreden und Fahrgemeinschaften bilden. Möglicherweise gibt es auch eine Kooperation zwischen Fitness-Studio und Verein.

Wenn ihr bis hierher durchgehalten habt…

… dann herzlichen Dank für euer Interesse! Ich kann schon mal verraten, dass die Geschichte noch nicht zu Ende ist. Warum? Weil doch tatsächlich einer der Schweinfurter Coaches (danke, Michi, tststs…!) davon erzählt hat, dass es in Schwäbisch-Hall bei den Unicorns eine Academy mit angeschlossenem Internat gibt, in dem sie besonders gut in American Football gefördert werden können.

Ich hab da übrigens noch ein Mannschaftsbild aus der Zeit gefunden. Unfassbar… so sehen die Jungs heute alle nicht mehr aus.

Warum aus Sohn Nr. 2 dann kein Einhorn, sondern ein Delfin bei den Paderborn Dolphins und wie aus dem Quarterback ein Wide Receiver wurde, erzähle ich euch in Teil 3.

Hier geht es zum ersten Teil der Artikelserie: Hilfe – mein Kind spielt American Football!

Bildnachweis: © Frank-Michael Anton, Papa von Sohn Nr. 2

Eine Antwort auf „Hilfe – mein Kind ist ein Quarterback!“

Kommentare sind geschlossen.